Der Pre Bell Man von Nam June Paik

Eine Ikone der Medienkunst

1990 schuf der koreanische Medienkünstler Nam June Paik zur Eröffnung des Neubaus des Museums für Kommunikation Frankfurt eine 4,10 Meter hohe Reiterfigur. Der Pre Bell Man gehört zu den größten figurativen Skulpturen im Werk des bis zu seinem Tod 2006 global agierenden und international viel rezipierten Koreaners.

Nam June Paiks kritische Haltung zur Bedeutung der Medien für Individuum und Gesellschaft kommt durch die Gestaltung in Anlehnung an ein klassisches Reiterstandbild zur Geltung: Während das Pferd ein Abguss nach einem Original aus der Renaissance ist und wie ein Objet trouvé verwendet wird, ist der Reiter aus historischen Kommunikationsgeräten aus der Sammlung der Museumsstiftung Post und Telekommunikation, zu der das Museum für Kommunikation Frankfurt gehört, zusammengesetzt worden.

Die Aufstellung im Freien vor dem Museumsgebäude am Frankfurter Museumsufer führte nach mehreren Restaurierungen 2012 zur Einlagerung im Museumsdepot. Das Projekt umfasst die in der Geschichte von Paiks Videokunstwerken einmalige Restaurierung als Neuschöpfung mit historischen Objekten, eine vorbereitende internationale Tagung und eine vermittelnde Begleitausstellung.

Das Museum für Kommunikation Frankfurt bewahrt durch die Wiederaufstellung des Pre Bell Man die größte Video-Skulptur im öffentlichen Raum, die Nam June Paik jemals als Auftragsarbeit entwickelt hat. Die Einbeziehung der technikhistorischen Sammlung von Kommunikationsgeräten in die Konzeption des als klassisches Reiterdenkmal angelegten Pre Bell Man ist im Spektrum seiner Arbeiten einmalig

Entstehung

Ein Wahrzeichen für den Eingang des Museums für Kommunikation Frankfurt

1989 gab das Museum für Kommunikation Frankfurt bei dem bereits zu Weltruhm gelangten Nam June Paik eine Video-Skulptur zur Eröffnung des Neubaus in Auftrag. Dafür stellte es Objekte, Geräte und Bauteile von Radio- und TV-Geräte aus der eigenen reichhaltigen Sammlung zur Verfügung. Die Herkunft des Pferdes ist nicht ganz geklärt, aber man geht davon aus, dass der Künstler das Pferd in einem Trödelladen erworben hat.

Die Reiterfigur ist aus verschiedene Apparaten der Kommunikationstechnik zusammengesetzt. Sie bilden zusammen den Körper des Reiters und veranschaulichen zugleich Kommunikationsmedien aus unterschiedlichen Epochen.

Ein Radio aus den 1930er Jahren, ein so genannter "Volksempfänger", bildet den behelmten Kopf. Durch die Anordnung der Lautsprecheröffnung und der Drehknöpfe entsteht der Eindruck eines Gesichts hinter dem Visier eines Helms. Übereinandergesetzt bilden ein Radio- und ein Fernsehgerät den Rumpf. Der rechte Arm aus einem Allverstärker wirkt wie eine Lanze, er mündet in einem sogenannten Vorschaltwiderstand. Der linke erhobene Arm endet in einem Schutzschild aus einer Verbindung von Test- und Prüfantenne für Richtfunk.

Paik arbeitet seit Mitte der 1980 Jahre mit Komposita von in der Mehrzahl Fernseher-Gehäusen und baut daraus humanoide Video-Skulpturen. Darin setzt er das Massenmedium TV in Bezug zum Betrachter und schafft einen Anlass zur Reflexion über das Verhältnis von Mensch und Medium.

In der Skulptur des Pre Bell Man gewinnen die historischen Objekte eine Bedeutung für die Mediengeschichte im 21. Jahrhundert. Vor dem Hintergrund der digitalen Entwicklung hat das Statement von Nam June Paik an Aktualität noch gewonnen.

Im Eingangsbereich des Museums für Kommunikation ist es eine kraftvolle Begrüßung der Besucherinnen und Besucher und bildet gleichsam den Auftakt zur Erkundung der Mediengeschichte. Der Reiter wurde 1990 auf dem Museumsplatz montiert.

Aufbau von Name June Paiks Pre Bell Man vor dem Museum für Kommunikation Frankfurt, 1990 © MSPT

Without electricity, there can be no art.

Nam June Paik

Nam June Paik, der in den 1960er Jahren in Düsseldorf mit Joseph Beuys als Fluxus- und Aktionskünstler arbeitete, erreichte 1982 mit Einzelausstellungen in Paris und New York weltweite Bekanntheit. Er gilt als Pionier der Videokunst.

Seine Satellitenaktion von 1984 - "Good Morning Mr. Orwell" erreichte als TV-Übertragung 25 Mio. Zuschauer. Die globale Vernetzung zwischen Paris, New York und San Francisco in Echtzeit war die bis dahin größte künstlerische Aktion unter Nutzung neuer technischer Möglichkeiten.

Zwischen 1984 und 2002 erwarben alle namhaften Museen mit Sammlungen zeitgenössischer Kunst Video-Werke von Nam June Paik. Die größte seiner Medienskulpturen in der Region öffentlich zu bewahren, ist das Ziel des Museums. Vor dem Hintergrund der Entwicklung digitaler Technologien und ihrer Verbreitung als Massenmedien hat das Kunstwerk von 1990 an Aktualität sogar noch gewonnen. Die Begleitausstellung vermittelt dies und regt Bewohner der Region zur kritischen Reflexion an.

Museum für Kommunikation Frankfurt

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